CDs
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NEUES AUS
DER
MUSIKWELT
KLASSIK
Richard W agner
AUSSCHNITTE AUS „TANNHÄUSER“ ,
„TRISTAN UND ISOLDE“ U. A.
Anne Schwanewilms, ORF-Symphonie-Orchester
Wien, Cornelius Meister
Capticcio/Naxos CD
(66')
„Die Isolde ist ganz weit weg, ir-
gendwo im Nebel. Eine Traumpar-
tie, freilich, aber ich weiß nicht,
wann ich sie singen werde“, meinte
Anne Schwanewilms im Gespräch
mit dem Schreiber dieser Zeilen.
Das war vor mehr als einem Jahr-
zehnt. Mittlerweile hat sie sich ih-
rer Traumpartie doch angenähert,
zumindest auf der vorliegenden
CD. Denn zum einen interpretiert
sie hier Wagners Fingerübungen
zu „Tristan und Isolde“, die „We-
sendonck-Lieder“, und zum ande-
ren legt sie mit „Isoldes Liebes-
tod“ auch das echte Pfund nach.
Ob es je zu einem Bühnendebüt
in dieser Partie kommt, steht al-
lerdings noch in den Sternen. Viel-
leicht eher mit der Elisabeth in
„Tannhäuser“, wenngleich deren
Hallenarie hier im Vergleich mit den
„Wesendonck-Liedern“ und auch
mit „Isoldes Liebestod“ ein wenig
abzufallen scheint.
Jene, die sich Letztere nur mit
„großer“, unter Druck geführter
Stimme vorstellen können, dürf-
ten freilich auch an dieser Inter-
pretation herummäkeln. Denn:
„Die Staudruckmethode, das Sin-
gen nur mit der Fortemuskulatur,
geht völlig gegen meinen Instinkt.
Für mich hat es auch diese Entwe-
der-oder-Expression oder Belcan-
to nie gegeben; Ausdruck entsteht
für mich nur aus der Beherrschung
der Mittel“, meinte sie im erwähn-
ten Interview. Mit Energie beglei-
tet vom ORF-Symphonie-Orches-
ter Wien unter Cornelius Meister,
punktet sie etwa in den „Wesen-
donck-Liedern“ mit wunderbar auf
dem Atem gesponnenen Piani. Ins-
gesamt scheint Schwanewilms et-
was vom Parfüm des Strauss-Ge-
sangs auch zu Wagner zu bringen.
Geschmackssache bleibt, ob sie
den „Raum“ in der Stimme für die
Isolde hat.
Gerhard Persche
MUSIK ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Ludw ig van Beethoven
STREICHTRIO OP. 3 U. A.
Trio Zimmermann
BIS/KC SACD_______________________ (68)
Nach der im Jahr
2011
erschiene-
nen Aufnahme mit den Streichtrios
op.
9
hat das Trio Zimmermann mit
Namensgeber Frank Peter an der
Geige, Bratscher Antoine Tames-
tit und Christian Poltera am Cello
nun den zweiten Teil seiner Beet-
hoven-Edition vorgelegt: das Es-
Dur-Trio op.
3
und die Serenade
op.
8
. Das Besondere: Inzwischen
spielen alle drei Solisten auf einem
Stradivari-Instrument. Das erhöht
die klangliche Homogenität, die
allein natürlich nicht viel wert wä-
re, wenn die drei nicht auch musi-
kalisch so exzellent miteinander
harmonieren würden.
Man kann diese CD mehrfach
hören oder sich wahllos einzel-
ne Tracks herauspicken: ob kleine
Triller, ob der Umgang mit Tonwie-
derholungen, ob pochende Rhyth-
men, ob Überleitungen oder un-
angenehme Triolen. Alles wird mit
so viel Geschmack und Gespür
ausgeführt, dass entweder eine
ewig währende Probenarbeit da-
hintersteckt oder eine tiefe Wahl-
verwandtschaft der drei Musiker -
oder beides.
Das Trio Zimmermann zeigt uns
bewusst den jungen Beethoven,
einen Mann in der Erprobungs-
phase. Das heißt, sie gehen nicht
immer aufs Ganze, bohren nach
Ernst, sondern lassen erahnen,
dass Beethoven offenbar - wie be-
reits der Titel „Serenade“ nahe-
legt - auch auf eine gewisse un-
terhaltende Komponente abziel-
te. Das klingt in dieser Einspielung
beschwingt, aber nicht krampfhei-
ter, tänzerisch und zugleich kul-
tiviert, licht, aber nicht grell. Das
hörtechnische Vergnügen kommt
erst voll zur Geltung, wenn man die
Aufnahme mehrkanalig abspielt.
Dann wird der Raum zum Kammer-
musiksaal, der mitatmet und mit-
schwingt. Grandios!
Christoph Vratz
MUSIK ★ ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★ ★
C. Ph. E. Bach
DIE LETZTEN LEIDEN DES ERLÖSERS
Christina Landshamer, Christiane Oelze, Roman
Trekel, u. a. RIAS-Kammerchor, Kammerorchester
Carl Philipp Emanuel Bach, Hartmut Haenchen
Berlin/Edel 2 CDs___________________ [94]
8
. März
2014
- der
300
. Geburts-
tag des zweitältesten Bach-Sohnes
Carl Philipp Emanuel. Im Berliner
Konzerthaus findet aus diesem
Anlass ein denkwürdiges Konzert
statt. Zum letzten Mal huldigen
Hartmut Haenchen und sein Kam-
merorchester Carl Philipp Emanu-
el Bach, dem Namenspatron des
Ensembles. Damit gehen über vier
Jahrzehnte einer künstlerischen
Arbeit zu Ende, in deren Zentrum
das große Verdienst steht, die re-
volutionäre Musik des Berliner und
Hamburger Bach überhaupt ins Be-
wusstsein der Musikwelt getragen
zu haben.
Nun liegt also mit diesem Live-
Mitschnitt eine Alternative zur Stu-
dioproduktion des Passionsorato-
riums „Die letzten Leiden des Er-
lösers“ vor, die Sigiswald Kuijken
vor bereits fast
30
Jahren vorgelegt
hat. Wer nun auf den letzten Me-
tern einen Sinneswandel Hartmut
Haenchens in Richtung historisch
informierter Aufführungspraxis er-
wartet hätte, sähe sich natürlich
enttäuscht. Da das aber kaum je-
mand ernsthaft getan haben wird,
kann man festhalten, dass hier auf
dem hohen Niveau einer konse-
quenten und künstlerisch verant-
wortungsvollen Haltung eine Inter-
pretation entstanden ist, die dem
Werk mit ihren Mitteln sehr ge-
recht wird.
Dazu trägt Haenchens enge Ver-
trautheit mit der individuellen Ton-
sprache des Carl Philipp Emanuel
Bach ebenso bei wie die tadellose
Leistung aller an dieser Produkti-
on Beteiligten. Solisten und Chor
agieren auf Weltklasse-Niveau,
und auch das Kammerorchester
liefert ein dem Rang des Ereignis-
ses mehr als angemessenes ins-
trumentales Fundament.
Arnd Richter
MUSIK ★ ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★ ★
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Das DR-Logo gibt den Dynamikumfang des Tonträgers an. Nähere Infos unter www.stereo.de
Diverse Kom ponisten
MARTHA ARGERICH AND FRIENDS
- LIVE FROM LUGANO 2013
Martha Argerich, Mischa Maisky, Renaud Capu^on,
Gabriela Montero, Lilya Zilberstein, Alissa Margulis
Warner 3 CDs
(187)
Nach der Übernahme von EMI
durch Warner Classics erscheint
die
Jahresdokumentation
des
sommerlichen Luganer „Projekts
Martha Argerich“ zum ersten Mal
vom Start weg unter neuem Label.
Sonst aber ist alles beim Alten ge-
blieben, auch der Jahrgang
2013
der Reihe bietet Live-Mitschnit-
te aus Konzerten von „La Martha“
und Musikern ihres Kreises; in der
Mehrzahl kommen diesmal Pia-
nisten und Streicher aus der Ge-
neration der
70
er- und
80
er-Jahre
zu Wort, die schon früher in die-
sem Rahmen in Erscheinung ge-
treten sind.
Die Werkwahl: eine vertraute
Mixtur aus Populärem und Exklu-
sivem. Argerich selber ist zu er-
leben mit einer weiteren Version
von Beethovens C-Dur-Konzert und
(zusammen mit ihrem langjähri-
gen Gefolgsmann Mischa Mais-
ky) mit seiner Cellosonate g-Moll.
Wie auch in Debussys „Petite Sui-
te“ (mit der Rumänin Cristina Mar-
ton) wirkt ihr Spiel überlegen, hell-
wach und rassig artikulierend wie
eh und je, dazu temporeich bis an
die Grenzen der Leistungsfähig-
keit ihrer Partner. Für Kenner sind
vom Repertoire und den Interpre-
tationen her am attraktivsten die
Duo-Beiträge mit den kompeten-
ten Geigern Renaud Capugon in
der großen Respighi-Sonate, Alis-
sa Margulis in Liszts Bearbeitung
seiner späten „Trauergondel“ und
dem jungen Andrey Baranov in der
frühen Ravel-Sonate.
Für den heiteren Kehraus sorgt
diesmal neben Carlo Maria Gri-
guolis sechshändiger Bearbei-
tung von vier Stücken aus Offen-
bachs „Gaite parisienne“ ein „Kar-
neval der Tiere“ von Saint-Saens,
dargeboten vom versammelten
„Friends“-Ensemble.
Ingo Harden
MUSIK
KLANG
STEREO 8/2014 133